Schloß Nr. 178 - Schloßreitschule


Ursprüngliche Bezeichnung :
Winterreitschule

Schloss Nr. 178 - Schlossreitschule, Südstirnwand, 2000, Foto: Pavel Slavko

Lokalisierung a Objektbeschreibung :
Ein einfacher Blockbau mit Mansarddach knüpft an die westliche Ecke des Schloßgartens in Český Krumlov an. Seine Längsachse ist orientiert in Richtung Südwest-Nordost. Die Schloßreitschule ist nicht direkt mit dem Schloßgarten verbunden, denn sie liegt ziemlich tief unter seinem Höhenniveau. Über das Niveau der Balustrade reicht nur das mit gebrannten Ziegeln gedeckte Dach und ein mächtiger Schornstein mit einem verziertem Stuckkapitell. Mit ihrer langen niedrigen Stirnwand öffnet sich die Reitschule in Richtung zur angrenzenden Terrasse der ehemaligen Sommerreitschule, an die sie auch funktionsmäßig anknüpft - die Schloßreitschule diente der Reitausbildung, wenn dies wegen des ungünstigen Wetters in diesem Teil des Schloßgartens nicht möglich war. Zwischen der Sommerreitschule und der sog. Winterreitschule ist ein rechteckiger Eingangsraum, der an der südwestlichen Seite durch die Stützmauer des unteren Parterres des Schloßgartens eingegrenzt ist. Diese Stützmauer ist durch eine große Nische gegliedert, die von einer Konche abgeschlossen ist. Die schmale nordöstliche Front der Reitschule grenzt direkt an einen felsigen Abhang, der sich in Richtung des Hirschgrabens öffnet. Gegenwärtig wird die Stirnfront von natürlich entstandenem Baumbewuchs verdeckt.

Ein Bestandteil des Objektes der Reitschule waren auch Stallungen für Pferde, eine dreischiffige Räumlichkeit mit neun von vier Säulen gestützten Gewölbejochen, die unter der Terrasse des sog. unteren Parterres des Schloßgartens errichtet wurde.

Bauhistorische Entwicklung :
Der Raum der heutigen Schloßreitschule war im 16. Jahrhundert wohl ein Bestandteil des ursprünglichen Rosenberger Gartens, der in den Quellen als der Garten oberhalb des Schlosses belegt ist. Davon zeugt einerseits die oben angeführte Nische in der Stützmauer - ohne Verbindung mit der Terrasse der Sommerreitschule und mit dem Gebäude der Winterreitschule - und andererseits der Fund einer Stützmauer, wahrscheinlich aus der Renaissance, auf dem Weg, der vom Schloß hierher führt.

Zwei Pläne des "Neuen Gartens" (datiert um das Jahr 1702) zeigen im Raum des heutigen Gebäudes der Reitschule ein nicht näher bestimmtes Bauwerk, es bestand aus einem Raum, war zugänglich durch drei Türöffnungen und mit Licht versorgt von drei Fenstern, eins davon ist gekuppelt.

Der Bau der Winterreitschule war die erste Tat während der Regierung des jungen Fürsten Josef Adam zu Schwarzenberg (1741 - 1782) bei der Umwandlung seines Sitzes in Český Krumlov im Geist des Wiener Rokoko. Das Projekt

Schloss Nr. 178 - Schlossreitschule, Detail des Hauptportals wurde ausgearbeitet vom Wiener Architekten Andreas Altomonte, dem späteren kaiserlichen Hof- und Feldingenieur und Hoftheatermaler. Die Reitschule wurde zwischen den Jahren 1744 und 1746 gebaut. Den insgesamt einfachen Bau schmückt über den Eingängen und an der östlichen Front eine Stuckausstattung des Bildhauers Jan Antonín Zinner (etwa 1708 - 1763), eines Absolventen der Wiener Akademie. Einige Details sind das Werk des Wiener Stukkateurs Matthias André. Die Motive der Ausschmückung der Supraporten und des Giebels schöpften aus den zeitgenössischen militärischen Realien - Heeresfahnen, Lanzen und weitere Kampfrequisiten und Trophäen geben der ansonsten sehr spielerischen und teils sogar witzigen Stuckauschmückung ein triumphales Gepräge.

Die Architektur der Reitschule (die Anordnung ihres geräumigen inneren Saales mit zwei Balkons, die Portale und der nordöstliche Giebel) ist die Krumlover Variante von monumentalen Realisierungen des Emanuel Fischer von Erlach, die er beim Umbau der Wiener kaiserlichen Residenz benutzte. Der nordöstliche Giebel mit reichhaltiger plastischer Ausschmückung machte sich ursprünglich ausdrucksvoll geltend in den weiten Ausblicken über den Hirschgarten (heute ist der Ausblick eingeschränkt durch natürlichen Baumbewuchs).

An der bildhauerischen Ausschmückung der Interieurs arbeiteten mit J.A. Zinner abermals der Stukkateur M. André und der Budweiser Meister Josef Dietrich zusammen. Die malerische Dekoration der Reitschule führten František Jakub Prokyš und Josef Putz aus. Die Wiener Hofmaler Jan Canton und Martin van Meytens schufen um das Jahr 1745 große aufhängbare Reiterporträts des Josef Adam zu Schwarzenbergund seiner Gattin Maria Theresia, geborene von Liechtenstein, die in Stuckrahmen oberhalb der Seitentore der Reitschule plaziert sind.

Als Ganzes stellt die Architektur der Winterreitschule durch ihren intakten und in vielen Details erhaltenen Gesamtzustand einen außergewöhnlichen historischen Wert dar. Durch ihr Grundkonzept, die Ausschmückung und den räumlichen Maßstab und vor allem durch die Gestaltung der Front repräsentiert sie getreu die Merkmale des Wiener Rokoko und ist somit in den böhmischen Ländern einmalig.

Die Winterreitschule diente ihrem ursprünglichen Zweck bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges. In der Nachkriegszeit wurde der Saal der Reitschule als Turnsaal und als Lager einer Sammlung von Kulissen aus dem Schloßtheater benutzt. In der 2. Hälfte der 70er Jahre wurde die Winterreitschule für kulturell-gesellschaftliche Nutzung umgebaut.

Heutige Nutzung :
Das Objekt dient als Konzert- und Ballsaal, im Raum ist auch ein Restaurant. Betreiber dieser Einrichtungen ist die Firma Auviex s.r.o.

(jo)

Weitere Informationen :
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