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Reinstallierung der historischen Interieure der II. Besichtigungstrasse des Schlosses Český Krumlov


In den Interieuren der Burgen und Schlösser kam es im Verlauf der Jahrhunderte zu Veränderungen der Interieursausstattung. Es häuften sich in diesen Gegenstände der angewandten Kunst an, dekorative und künstlerische Artefakte und auch persönliche Dinge von Erinnerungswert. Aus dem 16. Jahrhundert und der älteren Zeit ist fast kein Mobiliar erhalten. Die Situation bessert sich in Richtung auf die jüngere Zeit, für das 17. und 18. Jahrhundert, und die besten Voraussetzungen für die Reinstallierung der Schloßinterieure gibt es für das 19. Jahrhundert.

Reinstallation der historischen Interieure der II. Besichtigungstrasse des Schlosses Český Krumlov, Zustand der Halle vor der Reinstallation

Über diese Zeit erhielt sich eine Reihe von Archivquellen, zu denen zum Beispiel Inventarverzeichnisse gehören, weiter Hinterlassenschafts- und Erbschaftsverträge, Verkaufsverträge, Kontenbücher, die helfen die zeitgenössische Interieursausstattung der Schloßzimmer festzuhalten. Diese Quellen in schriftlicher Form werden für das 19. Jahrhundert bereichert durch eine Reihe ikonographischen Materials.

Reinstallation der historischen Interieure der II. Besichtigungstrasse des Schlosses Český Krumlov, Zustand der Halle nach der Reinstallation

"Stilreine" Interieure sind bekannt aus Bilddokumenten nur aus der Zeit des Empire und Biedermeier und für die Zeit des historisierenden Romantismus des dritten Viertels des 19. Jahrhunderts. Neben kulturhistorischem Wert haben in diesem Falle eine besondere dokumentarische Bedeutung professionelle Aquarellaufzeichnungen aus den zwanziger bis vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts (R. und F. Alt, F. Heinrich, J. Ronzmayer, L. Peipenhagen) sowie Amateurarbeiten von guter Qualität. Nach der zeitgenössischer Mode widmeten sich dem Malen adelige Mädchen, die mit Bleistiftzeichnungen und Malerei die adeligen Interieure darstellten. Dieses beachtenswerte ikonographische Material gibt eine Menge einmaliger Informationen über die Art der Präsentation der Interieurselemente, über die Plazierung von Möbeln, Bildern, Miniaturen, die Verwendung von Textildekorationen, über das Arrangieren von Blumen. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die dokumentaristische Funktion bei der Darstellung der Schloßinterieure von der Fotografie übernommen, die eine visuelle Auswertung jenes Teils der Interieursausstattung ermöglicht, die im Winkel der fotografischen Aufnahme war. Die Fotografien dokumentieren die komplett ausgestatteten historisierenden Adelsinterieure, die nach dem Geschmack des Besitzers wertvolle Kunstsammlungen und Gegenstände von persönlichem (sentimentalem) Wert enthielten.

Bei der Vorbereitung der Reinstallierung des Schloßinterieurs ist die wichtigste Aufgabe, sämtliche zugänglichen Materialien schriftlichen und ikonographischen Charakters zu konzentrieren und nach ihrer gegenseitigen Komparation die ursprünglichen Artefakte, falls diese existieren und sie in den Schloßdepositarien aufbewahrt werden, aufzufinden. Zu den Forderungen an die Installation von Denkwürdigkeiten gehört die Authentizität,

Reinstallation der historischen Interieure der II. Besichtigungstrasse des Schlosses Český Krumlov, Musiksalon vor der Reinstallation

wenn die schon erwähnten ursprünglichen Unterlagen - Fotografien, Bilder oder Aquarelle und Archivmaterialien - zur Verfügung stehen. Die Reinstallation der Schloßinterieure ist nur in dem Falle möglich, wo man mit der ursprünglichen Ausstattung des Objektes arbeiten kann, das zum größten Teil nicht zerstört und nicht eingeschränkt ist durch Verlust oder Zerstörung des ursprünglichen Mobiliars. Eine Installierung, bei welcher der notwendige Teil des ursprünglichen Mobiliars fehlt, wird eingerichtet auf der Basis der historischen Bindung des Mobiliars an konkrete Familien, denen das gegebene Objekt gehörte. Eine grundlegende Hilfe ist in diesem Fall ebenfalls das Archiv - und ikonographisches Material. Wenn die vorherigen Verfahren nicht eingesetzt werden können, weil sich das ursprüngliche Mobiliar überhaupt nicht erhalten hat, bietet sich die Methode der historischen Rekonstruktion der Schloßinterieure mit zugänglichen Gegenständen an, die nicht zu den ursprünglichen Fonds des Schlosses gehörten. In diesem Falle muß aber auf die gegebene Tatsache hingewiesen werden zum Beispiel bei den Erläuterungen des Führers durch das Schloß. Ohne Eingliederung in das ursprüngliche Milieu verschwindet die identifizierende und historische Gebundenheit des Gegenstandes und es bleibt nur ein Gegenstand als selbständiges Exponat von beschränktem Wert übrig.

Im Falle der Reinstallierung der Interieure der II. Besichtigungstrasse des Schlosses Český Krumlov war es möglich, mit dem fast komplett erhaltenen Mobiliarfonds zu arbeiten, der gemäß einer Reihe von Inventarverzeichnissen aus dem 19. Jahrhundert identifiziert wurde, die für die Jahre 1838, 1844, 1858, 1866, 1879, 1886 erhalten sind. Dank der Erkenntnisse, die aus den Archivmaterialien geschöpft wurden, konnte eine konkrete Vorstellung vom Aussehen und der funktionellen Nutzung des privaten fürstlichen Appartements im Schloß Český Krumlov im 19. Jahrhundert gewonnen werden.

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Für die Interieursinstallation der neun Zimmer des Schwarzenbergischen Appartements wurde die Zeit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewählt, als Fürst Johann Adolf II. zu Schwarzenberg (1799 - 1888) und seine Gattin Marie Eleonore geborene Prinzessin von Liechtenstein (1812 - 1873) diese Räumlichkeiten bei ihren Aufenthalten auf dem Schloß bewohnt haben. Bei der Gestaltung des Interieurs des Appartements machte sich der Historismus mit ausdrücklicher Stilverschiedenheit geltend. Die Interieure haben den Charakter des zweiten Rokoko mit typischer Asymmetrie der verdichteten Möbelzusammensetzung und mit einem Übermaß an Wohnaccessoires. Es tauchen auch Elemente der Neugotik und Neurenaissance auf. Die zeitgenössische Atmosphäre der Zimmer wird ergänzt durch eine Menge bunter Vorhänge, Fußbodenteppiche und wertvoller Serien von Tapisserien.

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Die Wände sind bedeckt mit bunten Kompositionen von Bildern, Spiegeln, Etageren und europäischem und orientalischem Porzellan. Die Räumlichkeiten, die zum ersten Mal in der Geschichte ihren Bewohnern eine völlige Privatsphäre gewährten, ergänzt eine Anzahl von kleineren Gegenständen persönlichen Charakters, Schreibgeräte, Kollektionen von Pfeifen, Familienfotografien, Körbchen mit Nähzeug. In der Gegenwart wurden neun Räume des ehemaligen privaten Appartements des Fürsten Johann Adolf II. und der Fürstin Eleonore¨

Reinstallation der historischen Interieure der II. Besichtigungstrasse des Schlosses Český Krumlov, zeitgenössische Beleuchtung, 19. Jahrhundert zu Schwarzenberg reinstalliert. Die Serie von Zimmern umfaßt den Empfangssalon, den Salon mit dem Porträt der Fürstin, den Rauchersalon, die Handbibliothek des Fürsten, den kleinen Speiseraum, den Salon der Fürstin, ihr Kabinett und das Schlafzimmer mit Toiletteraum.

In Anbetracht der umfangreichen Mobiliarfonds der ursprünglichen Interieursausstattung des Schlosses Český Krumlov, die noch in den Schloßdepositarien liegen, und in Anbetracht der geplanten weiteren Verarbeitung von Archivdokumenten ist es möglich, für die Zukunft eine insgesamte Erweiterung der Exposition um weitere authentische Interieursräumlichkeiten vorauszusetzen.

Weitere Informationen :
Das Appartement der Fürstin Eleonore zu Schwarzenberg


(mh)